Die Künstlerin Astrid Busch (geb. 1968) lebt und arbeitet in Berlin. Im Januar 2021 nahm sie am Artist-in-Residence-Programm des Museums Kunst der Westküste teil. Sie nutzte ihre Zeit auf der Nordseeinsel Föhr, um die zerstörerische Kraft des Meeres mit künstlerischen Mitteln zu erkunden.
Kameras, Tageslichtprojektor, Scanner, durchsichtige Folien, reichhaltiges Bildmaterial, historische Postkarten, Fundmaterialien von der Insel, Polaroids: Bereits Astrid Buschs temporäres Alkersumer Atelier, das direkt hinter dem Museum Kunst der Westküste liegt, ließ auf einen spannenden Arbeitsprozess schließen. Zugleich beängstigt und fasziniert von Berichten über Tsunamis und Monsterwellen, recherchierte die Künstlerin im Internet nach Aufnahmen dieser Phänomene. Das gefundene Material scannte, projizierte und fotografierte sie auf unterschiedlichste Weise, oft in komplexen Überlagerungen mit anderen Bildern. In einem weiteren Schritt beleuchtete Astrid Busch die Fotografien dieser Schichtungen mit Lichtquellen, wie ihrer Handytaschenlampe, um sie gezielt zu zerstören. Licht agiert in ihren auf Föhr entstanden Werken also als Kompositionselement, mit dem sie zugleich malt, irritiert, verfremdet - und verwüstet.
Die Idee, mit Licht und Stimmung zu experimentieren, kam der Künstlerin bereits im Oktober 2019. Damals besuchte sie das MKdW, um ihre Rauminstallation „sur mer“ (2018) zu planen, die 2020 in der Ausstellung SEE STÜCKE. Fakten und Fiktion präsentiert wurde. Bei diesem Aufenthalt entdeckte Astrid Busch in der Jubiläumsausstellung 10 Jahre MKdW zur Sammlung des Museums das Gemälde „Nordlicht“ des Norwegischen Landschaftsmalers Peder Balke (1804-1887). Das Bild blieb ihr wegen seiner abstrakten Formensprache und dramatischen Lichtführung im Gedächtnis und gab ihr wichtige Impulse für das kreative Schaffen auf Föhr. Zudem beeinflussten sie die direkte Nähe zur Natur und „das Bewusstsein, vollkommen vom Meer umgeben zu sein“. Diese Erfahrungen, die sie bei Ausfahrten auf dem Fahrrad quer über die Insel genoss, veranlassten Astrid Busch dazu, das für ihre Arbeiten charakteristische, urbane Element wegzulassen und sich ganz auf die Themen Meer und Licht zu konzentrieren.
Peder Balke, Nordlicht, um 1870, Öl auf Holz, Privatsammlung,
in der Ausstellung "10 Jahre MKdW", 2019
Die finalen Fotoarbeiten besitzen eine Ästhetik der Verwüstung. In ihnen tritt uns die bedrohliche Urgewalt des Meeres als Gefühl entgegen. Astrid Busch lässt uns an einer ästhetischen Erfahrung teilhaben, die dem Erleben von monströsen Wellenbergen oder der sturmgepeitschten See gleichkommt. Dabei schwingen wir zwischen Wissen und Vermuten, da ungeklärt bleibt, was tatsächlich physisch vorhanden und was das Resultat künstlerischer Abstraktion ist. Einen festen Abschluss haben diese Arbeiten nicht. Es ist durchaus möglich, dass sie sich in ortsspezifischen Installationen weiterentwickeln und so neue Assoziationsräume entstehen.
Astrid Busch, o.T., 2021, Archival Pigment Print