Vom Süden verweht in den Norden

Vom Süden verweht in den Norden, von einer Abiturientin zur Illustratorin geworden. Manchmal schlägt man einen Weg ein, ohne zu wissen, wo er hinführt – aber mit der Zuversicht, dass es der richtige ist.

 

So fühlte ich mich im September 2021, als ich von Bayern auf die Insel Föhr zog, um im Museum Kunst der Westküste mein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur zu absolvieren. Von nun an durfte ich Sylvia Haumersen, die Leitung der Kunstvermittlung im MKdW ein Jahr lang bei der Planung und Durchführung der Workshops im Museum tatkräftig unterstützen. Die Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ließ mich nicht nur über meinen Tellerrand blicken, sondern erfüllte mich zudem mit einer tiefen Zufriedenheit, die mich auch nach der Arbeit begleitete und meine Tage schöner machte.

 

 

Jedes Jahr hat der*die Freiwillige die Möglichkeit im Rahmen seines*ihres Jahres sich ein Projekt auszudenken und umzusetzen. Dieses Jahr war nun ich an der Reihe.

 

Die Idee für mein Projekt entwickelte ich schon sehr früh. Ausschlaggebend dafür war ein Workshop mit einer sechsten Klasse aus Hamm. Jedes Kind bekam die Aufgabe, sich ein Lieblingsbild der aktuellen Ausstellung auszusuchen und sich dazu eine spannende Geschichte auszudenken. Bunte Pferde galoppierten, Muscheln erfüllten Wünsche oder Zauberbriefe ließen Pflanzen schneller wachsen. Diese unerschöpfliche, fantasievolle Sicht der Kinder auf Museumsgemälde inspirierte mich, sodass ich sie mir zum Thema machte.

 

 

Kurz darauf äußerte ich vor Sylvia Haumersen und Dr. Christiane Morsbach (ehemalige Leitung Kommunikation & Programm / Fundraising & Development) meinen Wunsch, die kreativen Kunstgeschichten der Kinder zu illustrieren und in einem Buch für andere Kinder zugänglich zu machen. Sowohl Sylvia Haumersen als auch Christiane Morsbach sahen Potenzial in dieser Idee und unterstützten mich von nun an bei meinem Vorhaben.

 

Und so begann die Reise. Über viele Stolpersteine, lange Wege, die man kürzer einschätzte und Zweifel sowie Erfolge. Durch zahlreiche Besprechungen mit Sylvia Haumersen und Christiane Morsbach sowie mit anderen Kolleg*innen des MKdW entwickelte sich aus meiner anfänglichen Idee ein ausgearbeitetes Konzept eines Kinderbuches: Meinen Illustrationen und der Kindergeschichte wird eine Doppelseite mit dem Gemälde und einigen interessanten Eckdaten zu Künstler*in und Werk vorangestellt. Abgeschlossen wird das Buch mit einem interaktiven Teil für Kinder. Hier dienen meine nicht kolorierten Vorzeichnungen als Ausmalbilder, damit die Kinder selbst zu kleinen Künstler*innen werden und über die Farbigkeit der Illustrationen bestimmen können.

 

Nachdem das Konzept stand, begann erst die richtige Arbeit.

 

Sylvia Haumersen legte den ersten Grundstein und kümmerte sich um die Organisation der Workshops und die Kontaktaufnahme mit Kindergärten und Grundschulklassen von Föhr und Amrum. Die Workshops führten wir vor allem mit Vorschulkindern und Schüler*innen der ersten Klasse durch.

 

Durch unzählige Workshops mit vielen kreativen Kinderköpfen entstand ein stolzes Sammelsurium an wunderbaren Geschichten. Nun ging es darum, sieben Geschichten davon auszuwählen – nach dem Grad der Verständlichkeit und der Originalität der jeweiligen Geschichte. Es fiel mir schwer, mich zu entscheiden, da alle Kinder eine außergewöhnliche Fantasie aufwiesen.

 

 

Als die Entscheidung endlich fest stand, folgten lange Tage, ausradierte Radiergummis, stumpfe Bleistifte und Haareraufen. Oft brauchte ich zwei oder drei Anläufe, bis mir eine Illustration gefiel und ich das Gefühl hatte, dass sie der ausgezeichneten Geschichte gerecht wird. Manchmal verwarf ich sie komplett, auch wenn sie schon fertig koloriert war. Meine eigenen Ansprüche wurden höher und meine Zeit knapper. Über mehrere Monate nutzte ich jeden Tag, an dem keine Workshops stattfanden, um das Buch fertig zu stellen.

 

Als ich den künstlerischen Teil nahezu vollständig abgeschlossen hatte, startete Christiane Morsbach einen Spendenaufruf, um die Finanzierung des Buches zu sichern. Nun wurden meine Illustrationen und Steckbriefseiten sicher verpackt an unseren Grafiker Janos Erdmann Szeymies geschickt, um den letzten Schliff zu tätigen, bevor es in den Druck geht.

 

Die Reise war an manchen Stellen holprig, und ich habe viel gezweifelt. Jeder Zweifel war ein Hindernis, welches es zu überwinden galt, um für die nächste Herausforderung besser gewappnet zu sein. Ich habe viel auf dem Weg gelernt, über mich und meine Fähigkeiten mit Menschen zu arbeiten, in einem großen Team mitzuwirken, Förderanträge auszufüllen, bis hin zur Konzeption und Ausführung eines großen Projektes in einem tollen Team.

 

Ich bin dankbar für jede helfende Hand, die dieses Projekt ein Stück weitergebracht hat und in mir und meiner Arbeit Potenzial gesehen hat. Mit diesem Gedanken konnte ich mich selbst immer wieder motivieren weiter zu machen.

 

Leuchtende Kinderaugen, das Zuhören beim Fantasieren der Geschichten und die wunderbare Kindersicht auf Museumsgemälde, waren meine größte Freude und mein Ansporn, das Kinderbuch „Kunstgeschichten“ zu realisieren, um noch mehr Kinder zum Schmunzeln, Staunen, Fantasieren, Lesen und Malen anzuregen.

 

So wurde also vom Servus zum Moin ein Kinderbuch zum Träum'n.

 

Amelie Paintner

FSJ Kultur, Museum Kunst der Westküste,

vom 1. September 2021 bis 31. August 2022

 

 

Kunstgeschichten. Mit Kinderaugen durchs Museum

Ein Mal-, Lese- und Hörbuch illustriert von Amelie Paintner

Ab 5 Jahren

22 €

Erhältlich im Museumsshop und online