Es wurde geshootet nicht geschossen!

In den letzten Tagen waren wir mit der international arbeitenden Fotokünstlerin Anja Jensen auf Shooting-Mission! Sie setzt sich in ihren fotografischen Arbeiten und Installationen intensiv mit dem Szenario des Überwachtwerdens und Überwachens auseinander – und so hat sich die Künstlerin im Rahmen ihrer bekannten Fotoserie „Tatort“ für ihren jüngsten Aufenthalt auf der Insel Föhr die Umsetzung des Themas Tradition vorgenommen. Es wurden Orte wie das Watt, eine friesische Stube, aber auch der Friedhof in Nieblum für das Fotoshooting ausgewählt.

 

Es ist nicht Anja Jensens erster Aufenthalt auf der Insel! Im Rahmen der Ausstellung Tatort wurden bereits vom 23. September 2012 bis 13. Januar 2013 fotografische Arbeiten im Museum Kunst der Westküste gezeigt, die seit 2006 während mehrerer Aufenthalte von Anja Jensen auf den Inseln Föhr und Amrum entstanden sind. Einige davon sind seinerzeit in die Sammlung Kunst der Westküste eingegangen.

 

Schon zuvor hat die Künstlerin verschiedene Strand- und Hafenmotive als magische Settings für ihre Arbeiten gewählt, in denen sie durch die Inszenierung von vorgeblich heimlichen Taten und unheimlichen Orten die Phantasie des Betrachters zu fesseln weiß. Als Darstellerinnen und Darsteller wählt die Künstlerin dabei Protagonisten aus, die auf der Insel Föhr beheimatet sind, um sich dann von deren Lebensgeschichte oder alltäglichen Lebensumfeld künstlerisch inspirieren zu lassen.

 

 

Am ersten Tag des Shootings hatten wir auf Föhr zunächst diverse, in Frage kommende Locations für das Setting zum Thema „Jagd“ abgefahren, uns für einen Ort entschieden und dort die geplante Szene zunächst gestellt. Dann wurden zur Abendstunde am Strand von Witsum die Taschenlampen rausgeholt und die junge Jägerin auf ganz spezifische Weise ausgeleuchtet. Nur in der Dämmerung und im Schein von künstlichem Licht inszeniert die Künstlerin ihre unverwechselbaren unheimlichen, an einen Tatort erinnernde „Schauplätze“. Das Motiv der Jagd könnte den Titel "Mord im Witsumer Watt" tragen – aber keine Sorge, es wurde nur geshootet, nicht geschossen!

 

Am nächsten Morgen ging es zum Hedehusumer „Kliff“, um unterschiedliche Szenarien für die Trachten-Session zu stellen. Anja Jensen wusste ganz genau, wo sie die junge Friesin platzieren möchte und musste nur stets darauf achten, dass sie parallel dazu auch einen stabilen Platz für ihr Stativ in den Dünen findet, damit sie während des Shootings nicht den Halt verliert. Man bedenke: Während sie die Aufnahmen zur blauen Stunde oder gar im Nachtdunkel macht, kann die Künstlerin kaum etwas sehen und hat nur den Lichtstrahl einer ganz profanen kleinen Schlüsselanhänger-Taschenlampe als Sehhilfe zur Verfügung.

 

Anschließend sind wir zum Friedhof der Kirche St. Johannis in Nieblum gefahren und konnten einen geeigneten Ort für ein weiteres Trachtenmotiv entdecken. Sobald die Szenen aufnahmetauglich gestellt waren, ging es an die Details: Es galt, vier Baustrahler, vier Kabeltrommeln, eine große Thermoskanne mit heißem Tee, Lieblings-Schokolade und zwei Assistenten zum Beleuchten zu organisieren. Für unser Team nichts leichter als das – auf der Insel kennt ja bekanntlich im Grunde jeder jeden und herrscht große Hilfsbereitschaft!

 

 

Nur 24 Stunden später trafen wir uns in der Stube der jungen Friesin und konnten dabei zusehen, wie die Mutter der Tochter in die Tracht verhalf. Drei Stunden später – alles war endlich angezogen, zurechtgezogen, zurechtgebunden und zurechtgesteckt, waren die ersten Aufnahmen am Hedehusumer Kliff im Kasten. Jetzt wurde gleich der Friedhof aufgesucht. Es war mittlerweile stockdunkel und man konnte nicht einmal mehr seine eigene Hand vor Augen sehen. Aber dank guter Beleuchtung und einer großartigen Shooting-Crew konnte Anja Jensen auch dort in kürzester Zeit ihre Aufnahmen machen und anschließend zufrieden zurück zur Künstlerwohnung fahren.

 

Na, und die Friesin brauchte natürlich aber noch einige Zeit zu Hause, um sich wieder allem zu entledigen, das zur Tracht gehört. Aber mit heißem Tee (und Grog?) gestärkt, fiel sie dann doch in einen tiefen Schlaf. Uns blieb nur noch am nächsten Tag – ja, was? Klar, das ganze Equipment an die edlen Leihgeber zurückzubringen und den Fotoassistenten auf das Herzlichste zu danken. Was haben wir davon? Eine überglückliche Anja Jensen und die Gewißheit, dass ganz bald großartige neue Kunstwerke, die auf Föhr entstanden sind, darauf warten, von uns bestaunt zu werden…